Der Hexen(-)hammer endlich auf PC

Mir ist die makabere Zweideutigkeit meiner Überschrift durchaus bewusst, dennoch denke ich, dass der Terminus dieses Spiel durchaus passsend beschreibt. Darüber hinaus hat bereits die Gamepro 2014 in ihrem Test zu Bayonetta 2 diesen Vergleich herangezogen.
Nur wenige Entwickler können von sich sagen, ein Genre quasi im Alleingang erfunden zu haben. Hideki Kamiya ist einer dieser wenigen. Als er um die Jahrtausendwende für Capcom an einem neuen Resident Evil arbeitete, entwickelte sich das Spiel in eine komplett andere Richtung: Mehr Action, viel Nahkampf und weniger Horror. Am Ende erschien es 2001 als "Devil May Cry" exklusiv für die Playstation 2, und ein neues Genre war geboren: Das stylische Hack'n Slay. Der Dämonenjäger Dante schnetzelte sich durch eine Dämonen-versuchte Paralellwelt - und je stilvoller er das machte, desto mehr Kombos man aneinanderreihte - desto mehr Punkte gab es als Belohnung. Das motivierte unglaublich, die Verschieden Moves zu lernen und immer weider neu zu kombinieren. Die Reihe erhielt bereits auf der Playstation 2 zwei weitere Ableger, außerdem entstand mit God of War eine neue IP, die viel vom Devil May Cry Konzept übernahm, und eben diese Reihe mit noch größeren Gegnern zu toppen versuchte. Auch die neueren Ninja Gaiden Spiele auf der Xbox orientierten sich an dem Konzept.
Noch weniger Entwickler aber können von sich sagen, dass sie das einst selbst erfundene Genre im Laufe seiner Entwicklung nochmal komplett neu definiert haben und nicht nur das erste Spiel dieses Genre geschaffen haben, sondern auch das Spiel, entwickelt haben, das den absuluten Höhepunkt innerhalb dieses Genres bildet und wohl noch lange als DIE Referenz bezeichnet wird. "The benchmark for all action games from here on" (gamesmaster). Doch Hideki Kamiya kann auch das: Er versprach bereits im Vorfeld der Veröffentlichung von Bayonetta "Non stop Climax Action", was aus dem Mund des Devil May Cry Erfinders etwas heißen will. Und tatsächlich ist es ihm gelungen, das Genre noch einmal neu zu definieren, und das, obwohl eine bombastische Präsentation, überdimensionierte Bossgegner und Stylische Kombos in dem Genre eigentlich zum Standard gehören: Bayonetta definierte "Over the Top" neu: Daueraction und Endgegner im Minutentakt. Ein unglaublich komplexes Kampfsystem, das einen mit etwas Übung übergangslos Kombos aneinanderreihen lässt, so dass Bayonettas Bewegungen zu einem perfekten Kampfballett verschmelzen. Und eine so abgefahrene Welt mit so skurrilen Endgegnern und tollen Ideen, dass andere Entwickler sicher mehrere Spiele daraus gemacht hätten. Dazu kommen viele abgefahrene Waffen:

Achtung: leichte Spoiler
Abgesehen von ihren Pistolen-High Heels nutzt Bayonetta Katanas, verschiedenste Schusswaffen und Musikoinstrumente, bis hin zu Folterinstrumenten der Inquisition. Ganz zu schweigen von ihren Haaren, welche nicht nur ihre einzige Bekleidung bilden, sondern auch zu Dämonen werden, die für Finisher beschwört werden.
Zur Story will ich nicht altso viel sagen, nur soviel:
Bayonetta erwacht als Überlebende eines alten Hexenclans nach einem jahrhundertelangen Schlaf auf dem Grund eines Sees. Ohne Erinnerungen, muss sie Licht in das Dunkel ihrer Vergangenheit bringen. Dabei stellen sich ihr zahllose himmlische Wesen in den den Weg, eines skurriler designt als das Andere, die es nach allen Regeln der Kunst zu beseitigen gilt. Man wird mitten in die Geschichte geworfen und begreift zunächst nicht viel, am Ende macht alles aber erstaunlich viel Sinn.
leichte Spoiler Ende

Das spiel wurde von Platinum Games entwickelt, einem zu dem Zeitpunkt noch recht jungen Studio. Ehemalige Entwickler der Capcom-internen Clover Studios hatten es gegründet, nachdem Capcom die Clover Studios geschlossen hatte.
Allerdings wurde nur die Xbox360 Version des Originalspiels von Platinum Games entwicklet, während den Playstation 3 Port ein Sega-internes Studio übernahm. Leider merkt man das der Playstation 3 Version an: Immer wieder geht die Framerate dort in die Knie, sodass das Spiel teilweise zu einer ziemlichen Ruckelorgie verkommt. Zum Launch von Bayonetta 2 wurde die Wii U ebenfalls mit einem Port des Originalspiels bedacht, der zum Glück weniger ruckelt, und ebenfalls auf der Xbox360 Version beruht. Auch dieser PC Port, der nun nach all den Jahren endlich erschienen ist, läuft vollkommen Flüssig. Und bietet zudem zusätzlich 4K-Auflösung. Ein Port, der dem Spiel würdig ist.
Bayonetta ist Hack' Slay in Perfektion, oder zumindest erstaunlich nah dran, wie IGN UK zum Erscheinen des Spiels schrieb. Oder um aus dem Test der Gee vom Januar 2010 zu zitieren: "Devil May Cry"- Erfinder Hideki Kamiya hat ein Meisterwerk erschaffen, das uns alle um den Verstand bringen wird". Es ist ein Spiel, das jeder, der sich für das Genre auch nur annähernd interessiert, gespielt haben sollte!
Und nun ist es wieder an der Zeit, den entstellten Kardinalstugenden zu zeigen, wo der (Hexen-)hammer hängt!