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Posted: Apr 3, 2022 @ 1:34pm

Ich hatte Mass Effect immer auf der Liste als eine dieser Spielereihen, die ich irgendwann mal nachholen möchte, denn irgendwie hatte ich den Einstieg in die Trilogie damals verpasst gehabt. Mit der Mass Effect Legendary Edition kam nun für mich die ideale Gelegenheit, das Ganze endlich einmal nachzuholen. Aber kann man heute noch mit einer Spielereihe Spass haben, deren erster Teil vor 14 Jahren erschienen ist?

Die kurze Antwort lautet: Verdammt ist das die Untertreibung des Jahrhunderts!

Die lange Antwort lautet wie folgt:
Ja natürlich, das Gameplay ist an einigen Stellen hakelig und gewöhnungsbedürftig. Und ja, die sinnlosen Beschäftigungstherapien (Planetenscanning, Planeten mit Mako abgrasen, Hacking Minispiele) sind damals schon völliger Mist gewesen und sind in der Zwischenzeit nicht spassiger geworden. Das gleiche gilt für das Leveldesign, das manchmal arg uninspiriert wirkt und sogar kleinräumig wirkt (ja, dich schaue ich an Citadel in Teil 2 und 3).

Gerade bei Teil 1 merkt man noch besonders, dass Bioware sich damals erst langsam auf neues Terrain wagte und einiges noch nicht so rund läuft wie dann später in Teil 2 oder 3. Gerade wenn man aber völlig neu in die Serie einsteigt, fällt einem das nicht ganz so arg auf, wie jenen, die nach Teil 3 nochmals einen neuen Durchgang mit Teil 1 starten. Trotz der Schwächen muss man aber auch klar festhalten, dass das Gameplay trotzdem spassig ist. Ja, wer in erster Linie perfektes Actiongameplay sucht ist hier falsch, aber trotzdem machte für mich auch der Shooteraspekt, das Management von z.B. Ressourcen und Verbesserungen, die Anweisungen an Crewmitglieder usw. durchaus einigen Spass.

Und doch ist auch klar: Das Gameplay steht bei Mass Effect nur an zweiter Stelle. Denn was die Serie so absolut hervorragend macht ist die unglaubliche Atmosphäre, welche die Serie entwickelt. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie genial diese Science Fiction Welt ist, welche die Mass Effect Macher hier kreiert haben. Es macht einfach riesigen Spass in diese Welt abzutauchen. Selten hatte ich so das Bedürfnis, meine arme Frau zuzulabern mit den spannenden Völkern, Welten, Geschichten und Charakteren, denen man hier begegnet.

Das beginnt bei der Lore. Schon das Grundgerüst ist hochspannend gestaltet. Die unterschiedlichen Völker und ihre Eigenschaften sind toll herausgearbeitet. Und das durchaus sehr nuanciert, da gibt es auch innerhalb der Völker ganz unterschiedliche Philosophien und Werte, die miteinander im Clinch sind. Das ganze Setting spannt dann den Bogen auf, zu einer fesselnden Story, die über die drei Teile hinweg erzählt wird. Man merkt hier einfach, dass das Ganze von Anfang an als Trilogie geplant war. Entsprechend wirken die Teile 2 und 3 auch nicht künstlich aufgesetzt, sowie das heute gerne mal der Fall ist. (War erfolgreich? Also pressen wir einen Nachfolger raus, auch wenn's nicht passt.)

Die tolle Story wird aber noch potenziert durch zwei ganz entscheidende Aspekte, welche die Trilogie zum absoluten Meisterwerk machen: Zum einen sind das die Charaktere. Noch nie habe ich in einem Spiel so genial gezeichnete Charaktere erlebt. Gerade Teil 3 sprüht da manchmal auch ein echtes Feuerwerk ab, in dem auch mit viel Humor Eigenheiten und gemeinsame Erlebnisse aus der bisherigen Story verarbeitet werden. Ich kenne kein Spiel, in dem mir meine NPCs so ans Herz gewachsen sind, wie in Mass Effect.

Der zweite Aspekt ist die Bedeutung von Entscheidungen. Ja, die groben Linien sind vorgezeichnet und gerade bezüglich des Endes von Mass Effect 3 gab es hierfür ja auch einige Kritik. Ganz abgesehen davon, dass ich das Ende in der jetzigen Form aber durchaus ok finde (nicht glorreich, aber durchaus ok), gibt es einfach ein unglaubliches Spielgefühl, wenn man realisiert wie Entscheidungen aus Teil 1 direkte Folgen für Teil 3 haben. Und da spielt es für mich überhaupt keine Rolle, dass das Alternativresultat unterm Strich nur marginal anders ist, allein das Gefühl „hey, die Story läuft so, weil ich damals so entschieden habe“ erzeugt eine unglaubliche Atmosphäre. Zumal es durchaus auch gröbere Entscheidungen gibt, die doch einen gewichtigeren Einfluss haben können.

Und gerade an dieser Stelle muss auch erwähnt sein, wie mutig Mass Effect auch ethische Themen anpackt. Fragen von Gentechnik, AI oder auch der Unterdrückung eines gefährlichen Kriegsvolks enthalten oft viele Grautöne, wo durchaus beide Seiten ihre plausiblen Motivationen haben.
Besonders lobenswert ist auch die Tatsache, dass auch viele Nebenmissionen nicht einfach nur reine XP-Generatoren sind mit generischen „sammle 10 Blumen“-Aufgaben. Oft warten auch dort interessante Figuren, Story oder eben auch Entscheidungen, deren Auswirkungen man erst viel später spürt.

Das Glück von Mass Effect ist dabei, dass es zum richtigen Zeitpunkt herausgekommen ist. Viele ältere Lowpolygonspiele sind heute ja nur noch schwer erträglich. Die Grafik der drei Mass Effect Teile ist – zumal aufgehübscht in der Legendary Edition und auf Wunsch durch Mods nochmals verbessert – zwar nicht mehr taufrisch, aber immer noch völlig gut geniessbar. So, wie man es auch fürs Gameplay sagen kann. Die tollen Charaktere und Lore dagegen wird nicht alt und ist heute noch genauso meisterhaft wie zum Erscheinungszeitpunkt.

Fazit: Nach über 25 Jahren Gaming ist die Hürde hoch, bis ein Spiel es in meine Topliste meiner besten Spiele schafft, die ich je gespielt habe. Dass Mass Effect sich dort einen Platz sichern könnte, damit habe ich gerechnet. Ich war aber nicht vorbereitet dafür, wie sehr mich die ganze Atmosphäre, die Story und die Charaktere in den Bann ziehen, sodass sich die Mass Effect Legendary Edition nicht nur den Ehrenplatz geholt hat für das Spiel mit den meisten Spielstunden auf Steam, sondern sogar XCOM 2 vom Thron als „bestes Spiel aller Zeiten“ gestossen hat. Ja, Mass Effect Legendary Edition hat mich absolut begeistert. Es gilt zu Recht als ein Meisterwerk, das ich jedem, der nur ein bisschen etwas für Science Fiction und gute Storys übrig hat, unbedingt empfehle.
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3 Comments
Cali Apr 4, 2022 @ 7:56am 
Ich habe ja gern 1 und 2 gespielt , 3 kommt auf steam im Sale. Allerdings fand ich anzahl der Begleiter zuviel gleichzeitig . Ich hätte lieber etwas weniger Leute aufm Schiff gehabt , denn irgendwie war das so ein bisschen nervig , wen nehm ich mit oder nicht.

Es hatte Längen , aber meist war ich selbst schuld wenn man doch alles mal probieren wollte und dann rumcruiste.

Die Geschichte war teilweise verwirrend und auch wenn vieles in der internen Doc erklärt wird , war es doch meist zuviel und ich hab es seltener gelesen.

Gesamt gesehen , aber ne gute Reihe zum erleben.
Gibor Apr 4, 2022 @ 12:00am 
Das Preisempfinden ist ja etwas sehr individuelles. Was ich hier aber sagen kann: Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal ein Spiel in dieser Preisklasse quasi zum Vollpreis gekauft habe, ist aber sicher schon ein ziemliches Zeitchen her. Hier habe ich zugeschlagen, als es rund 50€ gekostet hat und ich habe es kein bisschen bereut. Selten war ein Produkt für mich sein Geld so wert wie hier, zumal man ja quasi 3 vollwertige, grosse Spiele auf einmal bekommt.
Wie gesagt, ist etwas völlig individuelles, aber so habe ich persönlich es erlebt. :-)
Zorro Apr 3, 2022 @ 11:35pm 
Vielen Dank für deine Bewertung.
Ich hab es schon lange auf der WL.
Ist mir aber zu teuer. bislang.
Ein extra Preis für dich.