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Posted: Apr 24, 2018 @ 7:13am
Updated: Feb 22, 2020 @ 7:44am

Der größte Detektiv aller Zeiten hat einen neuen Fall! Gut, nicht der größte Detektiv aller Zeiten, das wäre Sherlock Holmes, aber zumindest der größte belgische Detektiv aller Zeiten. Hercules Poirot‘s unvergleichliche Auffassungsgabe und seine kleinen grauen Zellen sind gefragt, um Gerechtigkeit wiederherzustellen und eine Reihe grausamer Verbrechen aufzuklären!

Bewertung

+ Fesselnde Story
+ Schlussfolgerungen sehr schön umgesetzt
+ / - Grafik-/Comic-Stil ist Geschmackssache
+ / - Spielzeit etwas gering
+ / - Sehr gradlinig

Handlung + Gameplay

Eigentlich wollte Monsieur Poirot sich nach seinem letzten fall in London zur Ruhe setzen. Er ist müde geworden, die persönlichen Schicksale der Beteiligten in den von ihm gelösten Fällen machten ihm immer mehr zu schaffen. Der Entschluss war eigentlich bereits gefasst, doch dann wird im beschaulichen Städtchen Andover eine Ladenbesitzerin ermordet. Der Fall scheint nicht sonderlich interessant, ist der Ehemann doch ein stadtbekannter Trinker und Schläger. Wenn da nicht ein Brief gewesen wäre, den Poirot vor dem Mord erhalten hat. In diesem wird er von einem gewissen “A.B.C.” herausgefordert, ja schon verhöhnt.

Das kann unser belgischer Meisterdetektiv natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Nach einem prüfenden Blick in den Spiegel und einem gekonnten Aufzwirbeln des überaus gepflegten Schnauzers, macht er sich mit seinem treuen Freund Colonel Hastings auf nach Andover. Und damit nimmt eine Geschichte ihren Lauf, die niemand hätte vorhersehen können.

--- Gameplay ---

Es handelt sich bei “Agatha Christie: The ABC Murders“ um ein klassisches Point&Click Adventure. Diese Tatsache entschleunigt das Spiel ein wenig, nimmt ihm aber keinesfalls den Charme, im Gegenteil. Der Spieler steuert (und denkt) für Hercules Poirot, seines Zeichens Meisterdetektiv aus Belgien, der bereits Morde auf dem Nil, im Orient-Express, auf einsamen Inseln und an malerischen Stränden gelöst hat. Poirot ist in den Romanvorlagen eine sehr eitle Persönlichkeit, auch in der Spiel-Adaption kommt dies gut zur Geltung. Eine Interaktion mit Spiegeln ruft bspw. immer eine Reaktion des Detektivs hervor (zumal man für das Pflegen des Schnauzbartes entsprechende Zusatzpunkte erhält).

Wie es in einem gepflegten Detektivspiel nun mal so ist, müssen wir einen Mörder jagen. Das Spiel hält sich hierbei sehr nah an die Handlung des Buches, mich persönlich hat dies durchaus positiv beeindruckt. Tatorte müssen untersucht, Hinweise gesichert, Zeugen befragt und Verdächtige verhört werden. Bei den Befragungen hat man unter anderem die Möglichkeit, sich die betreffenden Personen im Vorfeld genauer anzusehen. Aufgrund der grandiosen Beobachtungsgabe von Monsieur Poirot erhalten wir dadurch den einen oder anderen Hinweis auf den Gemütszustand unseres Gegenübers.

Sind alle Hinweise und Aussagen gesammelt, wird das Verbrechen “nachgestellt“, das bedeutet, Poirot versetzt sich in den Täter und rekonstruiert die einzelnen Schritte des Verbrechens (die wir natürlich, wenn möglich korrekt, auswählen müssen). Das ein oder andere Minispiel findet sich ebenfalls. Hierbei handelt es sich meist um kleinere Maschinen oder Geheimverstecke, die eine gewisse Tätigkeitsabfolge benötigen damit sie funktionieren, bzw. sich das Geheimfach öffnet. Nette Gimmicks für zwischendurch, die das Spielgeschehen ein wenig auflockern.

--- Inventar ---

Ein Inventar suchen wir im Gegensatz zu anderen Point&Click Adventures vergeblich. Das ist aber auch gar nicht so schlimm, denn bei “The ABC Murders” wird mehr Wert auf kognitives als auf physisches gesetzt. Wir haben ein Notizbuch, in welchem wir sämtliche, uns vorliegenden, Informationen über Personen nachlesen können. Und wir haben “unsere kleinen grauen Zellen”. Immer wieder setzt unser Detektiv diese automatisch ein. Das äußert sich für den Spieler darin, dass von Poirot gestellt Fragen oder Mutmaßungen mit vom Spieler herausgefundenen Aussagen/Hinweisen untermauert werden müssen. Die “kleinen grauen Zellen” kommen automatisch zur Anwendung, sobald wir alle Hinweise gesammelt haben. Wir können aber auch jederzeit manuell die Fragen aufrufen, falls weitere Hinweise fehlen, wird und dies entsprechend angezeigt.
Sollte man jedoch einmal eine falsche Entscheidung getroffen haben, ist das nicht all zu dramatisch, da das Spiel den Spieler sanft wieder in die richtige Richtung schiebt. Dies ist so gut umgesetzt, dass es weder das Spielgeschehen negativ beeinflusst, noch den Storyfluss aushebelt. Eine sehr schöne Umsetzung.

Grafik + Sound

Agatha Christie – The ABC Murders basiert auf der Unity-Engine. Die Grafik ist im Zeichen- bzw. Cartoon-Stil gehalten, das mag für manche erstmal etwas ungewöhnlich klingen, ich persönlich war allerdings positiv überrascht, dass diese Art der grafischen Darstellung so liebevoll und gleichzeitig detailreich sein konnte. Zumal ich von Sherlock Holmes anderes gewohnt war.

Leider hat dieses Detektivabenteuer nur eine Englische und französische Sprachausgabe, es sind allerdings Italienisch, Spanisch und Deutsch als Untertitel verfügbar. Die Ausdrucksweise ist allerdings nicht allzu schwierig, auch mit “durchschnittlichem Schulenglisch” lässt sich das Spiel mit Hilfe der Untertitel sehr gut meistern. Auch wenn “The ABC Murders” erst im Jahre 2016 released wurde, die Hardwareanforderungen sind mehr als angenehm, so dass das Spiel auch auf älteren Geräten durchaus flüssig und stabil läuft. Die empfohlenen Anforderungen sind eine 3 GHz CPU (Dual Core), 3 GB RAM und eine Grafikkarte mit 1 GB Speicher und Shader 4.0 Support.

Die Musik ist stimmig und untermalt die Atmosphäre der einzelnen Schauplätze sehr gut. Auch die Sprachausgabe, der Akzent der Protagonisten, alles gut durchdacht und passend umgesetzt.

Fazit

Kommen wir nun zum abschließenden Fazit. Alles in allem ist “Agatha Christie: The ABC Murders” ein grundsolides Adventure, mit leider ein bischen wenig Spielzeit. Fans einer guten Story werden aber auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen. Sicher, man kann es nicht mit “Das Böse unter der Sonne”, “Mord im Orientexpress” oder “Und dann Gab’s keines mehr” vergleichen. Allein die grafische Darstellung zeigt himmelweite Unterschiede auf. Aber die Liebe zum Detail, (zum Beispiel wenn man Poirot unabsichtlich durch eine Pfütze Abwasser steuert, beschwert er sich über die Ungeschicklichkeit) und die Originaltreue im Hinblick auf die Romanvorlage zeigen, dass sich hier wirklich Mühe gegeben wurde. Mit Erfolg. Somit eine absolute Empfehlung für jeden, der gerne mal ein gutes Buch spielt.

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1 Comments
Keks Jan 6, 2022 @ 11:55am 
Sehr gut beschrieben. Klasse Rezension. "Gepflegt" trifft es gut!