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0.0 hrs last two weeks / 14.0 hrs on record
Posted: Aug 25, 2016 @ 11:17am
Updated: Aug 29, 2016 @ 9:53am

"Warum jetzt wieder der Zweite Weltkrieg?" - Dieser Satz wird wohl dem ein oder anderen durch den Kopf gegangen sein, als nach "Call of Duty - Modern Warfare" der nächste Ableger der Reihe erneut den Blick zurück in die Vergangenheit richtete. Genauer gesagt: Auf den pazifischen Kriegsschauplatz. Und auch wenn dieser zuvor weniger Beachtung bekommen hatte als das europäische Kampfgebiet - in der Normandie kennen wir inzwischen dank "Medal of Honor", "Brothers in Arms" und eben "Call of Duty" gefühlt jede zweite Hecke - irgendwann muss(te) ja auch mal gut sein.

Der Grund für den Schritt zurück in "Call of Duty - World at War" liegt im Entwicklerstudio begründet. So zeichnete für das Game Treyarch und eben nicht Infinity Ward verantwortlich. Die nutzten stattdessen die Zeit für den eben so heiß ersehnten Nachfolger von "Call of Duty - Modern Warfare", das zu meinen größten Favoriten in dieser Reihe zählt. Wobei man das "nutzten" vielleicht in Anführungsstriche setzen sollte, denn der erhoffte große Wurf, die dramaturgische Gipfelspitze zum Vorgänger - sie wurde "Call of Duty - Modern Warfare 2" - zumindest meines Erachtens - leider nicht.

Klar, am Erfolgsrezept der COD-Reihe änderte Infinity Ward auch beim zweiten "Modern Warfare" nichts. Schlauchlevel, Gegnerscharen, hohes Tempo und gescriptete Sequenzen, die sich minütlich mit Bombast überschlagen. Kein COD ohne diese Zutaten - und wieso auch, wenns Spaß macht. Und Spaß war eigentlich auch lange meine einzige Anforderung an ein "Call of Duty", welches seit jeher ja nicht durch Handlungstiefe oder glaubhafte Charaktere bestach. Zumindest bis "Modern Warfare". Auch wenn man hier das Ego-Shooter-Rad nicht neu erfunden hatte - die Atmosphäre war doch wesentlich dichter als sonst, die sonstigen Einzelmissionen diesmal logisch und inhaltlich verknüpft. Ein Price war nicht irgendein NPC, sondern eine Figur, um dessen Schicksal man sich geschert hat. Übrigens genauso wie um die Fortsetzung, die sich dank des etwas offenen Endes durchaus anbot. Und hier liegt sie nun vor.

Vorneweg: Zwar knüpft der inhaltliche Faden an "Modern Warfare" an, verdröselt diesen allerdings recht bald zu einem wirren, konfusen Knäuel, was auch daran liegt, dass die spielbaren Charaktere zu austauschbaren Pappkameraden degradiert worden sind - die u.a. dann auch noch teilweise den Löffel abgeben. Richtiges Heldengefühl kommt hier nicht auf, sind wir doch spürbar gefühlt nur ein Soldat von vielen, der nicht wirklich den Unterschied zu machen scheint. Eine Erkenntnis, die dank des Dauerfeuers jedoch schnell in den Hintergrund gerät, denn die Schauplätze hat man einmal mehr brillant in Szene gesetzt. Ob Favelas, amerikanische Vororte oder das Weiße Haus. Beim "Ich-bin-mittendrin-und-mir-fliegen-die-Kugeln-um-die-Ohren"-Gefühl liefert auch "Modern Warfare 2" auf gewohnt hohem Niveau.

Am Gameplay hat sich (wie schon bei den meisten Teilen der Reihe) nichts weltbewegendes getan. Warum auch etwas reparieren, wenn es nicht kaputt ist? Das Waffenhandling gehört weiterhin zum Besten in Shooter-Genre. Der Sound knallt und knattert cineastisch groß. Und die Grafik ist ansehnlich und zeitgemäß, wenngleich sie gegenüber dem ersten "Modern Warfare" jetzt keine Riesensprünge vollzogen hat. Verbesserungen finden sich eher in den Details (z.B. Waffenmodelle) Die Opulenz eines (zwei Jahre älteren) "Crysis" sucht man hier vergebens.

So weit, so gut. Warum schneidet "Modern Warfare 2" dann im Vergleich zum Vorgänger so oft (auch hier in den Reviews) so viel schlechter ab? Ich kann da nur für mich sprechen und mache dies besonders an einer Szene bzw. einem Level fest: "Kein Russisch". Ohne viel spoilern zu wollen, stellt uns hier das Spiel (zumindest im nicht dt-sprachigen Raum) vor eine moralisch höchst fragwürdige Wahl und konfrontiert den Zocker mit einer Szene, die ich - ja, die ich einfach ziemlich sch**** fand. Sicher - das Spiel weist zuvor dezent daraufhin, aber dennoch: Diese Passage ist eindeutig als Schocker konzeptioniert. Als Mittel zum Zweck, um mit Skandal Aufmerksamkeit zu erzeugen. Und es thematisiert relativ kritiklos einen Akt des Terrors, was gerade auch in jüngster Zeit (Brüssel, Paris etc.) einen ganz miesen Beigeschmack hinterlässt. Für mich war die Szene jedoch durchaus erkenntnisreich. Obwohl ich vorher nicht wusste, dass ich in der deutschen Version hier gar nicht das Feuer eröffnen konnte (ich kannte übrigens auch den Inhalt des Levels zuvor nicht), habe ich instinkiv den Finger von der Maus genommen und das Geschehen mit Abscheu verfolgt. Möglicherweise der Familienvater in mir. Vielleicht aber auch ein Zeichen dafür, dass ein Spiel eben nicht alles dürfen und auch nicht alles machen sollte.

Es hat ziemlich gedauert, bis ich mich danach wieder auf das Spiel richtig einlassen konnte. Der zwanglose Spaß war aber definitiv flöten gegangen. Und der Beigeschmack - ja, er blieb halt und wurde durch den patriotischeren Showdown noch zusätzlich intensiviert.

"Call of Duty - Modern Warfare 2" ist dadurch mit Sicherheit kein schlechtes Spiel - die Klasse und die Intensität des Vorgängers erreicht es aber bei weitem nicht. Und wo mir der Vorgänger positiv im Gedächtnis geblieben ist (Tschernobyl-Level!!!), bleibt hier außer der besagten obigen Szene wenig bis gar nichts hängen. Da hilft es mir als Multiplayer-Muffel dann auch nicht, dass dieser die ein oder andere Verbesserung und Neuerung bietet.

- Grafik: 85°
- Sound: 91°
- Atmosphäre: 82°
- Umfang: 78°
- Leveldesign: 85°
- Handlung: 60°
- KI: 85°
- persönl. Spielspaß: 75°

= 80°
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2 Comments
Ganner Rhysode Aug 25, 2016 @ 12:46pm 
@ Sirius
Danke für das Lob!
Sirius Aug 25, 2016 @ 11:44am 
Sehr gute Review, Danke :flol_cup: